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Meine Jagderlebnisse in Schenkenfelden
Die Lebenserinnerungen des Zöllners Hugo Wagner



   

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Im Jahre 1941 heiratete ich in Schenkenfelden im Gasthaus Riepl Aloisa Preinfalk aus Leonfelden. Wir mieteten uns eine Wohnung im Hause meiner Stiefschwester, Maria Pötscher, in Schenkenfelden Nr. 4. Ein Raum diente als Wohnzimmer, Schlafzimmer, Kabinett, Badezimmer usw., also komfortabel. Das Klo war im Erdgeschoß, in dem die Familie Lang wohnte.

Im Obergeschoß wohnte neben uns die Familie Millinger. Der Millinger Franz war Heger beim Jagdpächter Pammer, Gastwirt in Gutenbrunn.

Während eines Heimaturlaubs lud mich der Nachbar Franz Millinger einmal ein, mit ihm Füchse fangen zu gehen. Er hatte in den Wäldern rund um Schenkenfelden Fangeisen aufgestellt, und jedes Mal waren zwei, drei Füchse gefangen. Vom Fleischhauer Freunschlag, wo der Franz aushilfsweise tätig war, bekam er genug Abfälle, die er als Köder verwendete. Außerdem hat er mit diesen Fangeisen im Kettenbach Bisamratten gefangen. Die Fuchs- und Bisamfelle waren damals sehr gefragt.
die Zollkiste
(Foto: privat)

Als der Franz sah, dass mich diese Arbeit interessierte, hat er es gewagt, mir eine Büchse umzuhängen. Als die Russen kamen, hat der Franz seine Gewehre im Wald versteckt. Als er sie später holen wollte, waren alle verschwunden. Sicher wurde er dabei von jemandem beobachtet, und diese haben sich seine wertvollen Gewehre, die er in einem großen Fass verwahrt hatte, angeeignet.

Als der Franz festgestellt hatte, das ich ein guter Schütze war, war das Eis gebrochen. Ich wurde sein Heger.

Doch das hat noch eine Weile gedauert. Ich musste noch verschiedene Prüfungen ablegen, so z. B., wie ein Jäger die Büchse umhängt, dass das geschonte Wild nicht geschossen werden darf und dass die Treiber ganzjährig Schonzeit haben.

Nach dem Krieg saß ich einmal mit dem Millinger Franz in einem ausgehöhlten Wasenhaufen auf einer Wiese in Bucheck. Ich war mit einem Flobertgewehr ausgerüstet, mit dem man nicht sehr weit schießen konnte, das aber wenig Lärm machte. Das Sagen hatte damals die russische Besatzungsmacht und die Russen veranstalteten richtige Treibjagden und schossen alles nieder, was ihnen vor den Lauf kam. Meist waren sie mit Maschinenpistolen ausgerüstet. Wir hörten so eine Horde schon von Weitem brüllen und schießen, und wir zogen uns auf einen Hochstand zurück. Die Russen stürmten bei uns vorbei Richtung Schenkenfelden.
Der Franz sagte zu mir: "Hier in der gegenüberliegenden Waldschneise wechselt ein guter Bock (ein schöner Bock durfte man nicht sagen). Dieser Kapitalbock ist sehr vorsichtig. Er wechselt so schnell über die Waldlichtung, dass man nicht zum Schießen kommt."

Wir saßen ein paar Stunden, der Franz rauchte eine Zigarette nach der anderen, gefüllt mit "Eigenbau". Das war ein Tabak aus Buchenlaub. Er ist mit diesem "Eigenbau" großzügig umgegangen. Er hat mir auch davon gegeben und ich habe diesen Eigenbautabak so lange geraucht, bis meine Frau sagte:"Wenn du damit nicht aufhörst, lasse ich mich scheiden." Ich habe nach der Heimkehr nämlich auch im Bett geraucht und somit war eine Brandgefahr gegeben. Nach kurzer Zeit kam ich selbst zur Einsicht, dass mich dieser Eigenbau über kurz oder lang umbringen würde.
Ich hörte mit der Raucherei auf und der eheliche Frieden war gerettet.

Jetzt wieder zum Wasenhaufen. Der schlaue Bock wollte und wollte nicht kommen. Es wurde schon dunkel und wir beschlossen heimzugehen. Da sprang der Bock aus dem Dickicht heraus, ich legte an, und es hat schon geknallt. Wir stürmten zu der Stelle, wo der Bock stand, als ich geschossen hatte, und tatsächlich, der Bock lag mit einem Blattschuss da. Der Franz riss vom nächsten Baum einen "Bruch", schmückte damit meinen Hut und wünschte mir Waidmanns Heil.
Das war mein erster und letzter Bock, den ich geschossen habe, wenn man von der Ehe absieht, wie die Jäger sagen.

Im Panholz trieb sich eine weiße Geiß umher, die auf keinen Fall geschossen werden durfte, so hat mich der Heger Franz aufgeklärt. Ich sagte zu ihm, eine weiße Geiß würde ich nie schießen und diese Mahnung wäre daher vollkommen überflüssig.

Der Wildfleischvorrat ging zu Ende, ich teilte dies dem Franz mit. Er sagte, er hätte jetzt keine Zeit, und er erlaubte mir so quasi einen Alleingang. Jedenfalls habe ich das so verstanden. Am späten Nachmittag zog ich mit meiner Frau los. Ich holte das Gewehr, das ich immer im Wald versteckt hatte, und wir hockten uns auf einen Hochstand. Endlich trat ein Reh aus dem Wald heraus, aber es war so weit weg, dass ich mit dem Flobertgewehr unmöglich mit Erfolg darauf schießen konnte. Ich fragte meine Gattin, ob sie so lieb wäre und mir das Reh näher herantreiben könnte. Das war so mehr im Spaß gesagt. Sie stieg vom Hochstand und es ist ihr tatsächlich gelungen, mir das Reh näher heranzutreiben. Doch es wurde immer dunkler. Ich schoss und das Reh fiel um. Es war die weiße Geiß. Meine Gattin und ich betrachteten gemeinsam dieses Unglück.

Ich versteckte die weiße Geiß im Wald und wir traten den Heimweg an. Ich entschloss mich zu einer Beichte beim Heger Franz. Dieser sagte kurz und schlicht:
"Du bist ein großer Depp." Gemeinsam holten wir in der Nacht die Geiß. Sie wurde gebeizt und verzehrt. Wie alt sie war, bleibt ein Geheimnis. Der Jagdpächter in Gutenbrunn hat von dieser weißen Geiß nichts mehr gehört und gesehen.


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Inhaltsverzeichnis
Unser Franz 
Der Lehrer Moser  -  1938
Die Zollkiste 
Im Kessel von Demjansk
An der Front
Der Unterführerlehrgang
Entnazifizierung
Meine Jagderlebnisse in Schenkenfelden
Geschichte aus meiner Dienstzeit in Weigetschlag
Eine Diensthundegeschichte
mit Dirndl

Eine Ochsengeschichte
Noch eine Hundegeschichte
vom Dirndl

Eine verhängnisvolle Abkürzung
Hasengeschichte Weigetschlag

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