Als ich im Jahre 1948 zur Zollwacheabteilung Weigetschlag versetzt wurde, war dort neben meiner Dienststelle noch ein Zollamt und ein Zollamtsleiter. Natürlich arbeiteten wir Zollwachebeamten und die Zollbeamten zusammen. Ich musste zum Beispiel für alle Beamten den Dienst einteilen.
Die Kommunisten hatten in der Tschechei noch nicht das Kommando übernommen. Wir hatten mit dem tschechischen Grenzpersonal ein gutes, beinahe freundschaftliches Verhältnis.
Zollamtsleiter war Herr Pröll, ein netter, älterer Herr. Er hielt sich manchmal bei den Tschechen im tschechischen Zollhaus auf, welches später von den Kommunisten abgerissen wurde.
In diesem Zollhaus gab es kein Trinkwasser, man holte dieses bei uns herüben, also auf österreichischem Gebiet. Im Zollhaus hatten wir keine Wasserleitung. Das Wasser musste aus einem Ziehbrunnen im Garten händisch heraufgepumpt werden.
Eines Tages kam Herr Pröll mit einem tschechischen Zöllner in unsere Wohnung und sie erzählten, was passiert sei:
In der Nähe des Ziehbrunnens stand mein Hasenstall, in dem sich ein wunderschöner Angorahase befand. Der tschechische Zöllner hatte nicht nur zwei Eimer mit, um Wasser zu schöpfen, sondern auch seinen Wachhund. Während sein Herrl Wasser heraufpumpte, zerfetzte der Hund das Gitter beim Hasenstall, und so war es ein Leichtes, den wertvollen Angorahasen in seine Fänge zu bekommen. Die Rettungsversuche des Zöllners waren vergebens. Er ging in die Kanzlei zu Herrn Pröll und meldete, dass der Hase tot im Garten liege.
Und nun standen sie in unserer Küche. Der tschechische Beamte war ganz verzagt, er würde selbstverständlich den Hasen ersetzten, aber wie? Ob wir damit einverstanden wären, wenn er unseren Mädchen Spielsachen aus der Tschechei brächte? Begeistert stimmten unsere beiden Mädchen diesem Handel zu. Tatsächlich kam er wenige Tage später mit einem Sack voll Spielsachen zu uns.
Unser erster und einziger Hase hatte ein trauriges Ende genommen, aber die Freude unserer Kinder entschädigte uns für den Verlust.

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