In dem verträumten Dorf gab es damals weder elektrischen Strom noch ein öffentliches Verkehrsmittel, niemand besaß ein Motorfahrzeug und ich kann mich nicht entsinnen, dass sich jemals ins Laintal ein Kraftfahrzeug verirrt hätte.
Die Straßen wären auch kaum für Automobile geeignet gewesen, weder im Winter noch im Sommer und schon gar nicht im Frühjahr zur Zeit der Schneeschmelze, wo sich der aufgeweichte Straßengrund in tiefen Morast und Schlamm verwandelte. Der Schwerfuhrwerksverkehr blieb dann buchstäblich im Dreck stecken. Mich hat als kleinen Buben das Verkehrsgeschehen ungeheuer beeindruckt, wenn die mit Blochs hoch beladenen Kufenschlitten, von schweren, kräftigen Zugpferden gezogen, in den tiefen, aperen, wassertriefenden Fahrrinnen stecken blieben und die fluchenden Fuhrknechte mit lautem Peitschenknallen die dampfenden, schnaubenden Pferde antrieben und schließlich mit anfassten, um die im Schlamm steckenden Fahrzeuge wieder flott zu machen. Außer den Holzfuhrwerken war es der Schwertransport von Talk oder Federweiß, der unsere Dorfstraße das ganze Jahr hindurch belebte. Die schweren, quaderförmigen Holzbehälter der Fahrzeuge waren randvoll mit dem perlmutterglänzenden Mineral, das irgendwo hinterm Laintal abgebaut wurde. Mitunter kam es vor, dass die Fuhrleute die Pferde ungestüm antreiben mussten, um die Fahrzeuge über die holprigen, aufgeweichten Fahrrinnen hinwegzubringen. Dabei schwappten meistens einige der glänzenden, fettigen Talksteine auf die Straße. Dem Sammeleifer von uns Dorfbuben entging kein Federweißstein, denn für uns waren die seltsamen Steine Kostbarkeiten, mit denen man zudem wie mit Kreiden kritzeln konnte.
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