Eine Spezialität brachten die Siebenbürger Sachsen mit in ihre neue Heimat Oberösterreich, den sogenannten Baumstriezel. Dieses alte Brauchtumsgebäck wird heute von den "Siebenbürger Nachbarschschaften" bei Festveranstaltungen gebacken.
Hans Rittsteuer, Schriftführer der Sierninger Sachsen: "Die Bezeichnung 'Nachbarschaft' geht auf eine alte Tradition zurück. In ihrer alten Heimat Siebenbürgen hatten sich die Bewohner mehrerer kleiner Gemeinden unter diesem Titel zu Selbsthilfegruppen zusammengeschlossen. Sie unterstützten sich gegenseitig bei größeren Vorhaben aller Art, etwa beim Hausbau oder auch in Notlagen. In Österreich werden die einzelnen Ortsvereine so bezeichnet." Diese sind meist auf Vereinsbasis organisiert. Zwölf Nachbarschaften existieren in Oberösterreich unter dem Dach des Landesverbandes. Besonders aktiv sind die Siebenbürger Sachsen in Wels, Vöcklabruck, Laakirchen und Traun.
Für das Backen des Baumstriezels organisierten die Sierninger einen eigenen Backtrupp, der gerne von Veranstaltern eingeladen wird. Der Teig wird an Ort und Stelle zubereitet. Katharina Rittsteuer: "Es ist ein besonders feiner Germteig aus Weizenmehl mit viel Eiern, Butter und Zucker, ähnlich dem, der für Bauernkrapfen verwendet wird." In einer bestimmten Größe ausgerollt, wird der Teig in etwa vier Zentimeter breite Streifen ausgeradelt und sorgfältig um eine hölzerne Rolle gewickelt, den sogenannten "Baumstamm", von dem das Gebäck den Namen herleitet. Mehrere Rollen werden gleichzeitig über offener Holzkohlenglut gebacken. Vor dem Backen wird der Teig mit Butter bestrichen und in Kristallzucker gewälzt. Während des Backvorganges karamellisiert der Kristallzucker, was dem fertigen Baumstriezel sein besonderes Aroma verleiht. Das Geheimnis der Herstellung liegt in der richtigen Hitze der Feuerstelle. Die Temperatur muss relativ hoch sein, darf aber nicht zu heiß werden, sonst wird der Striezel zu braun. Johann Rittsteuer baute diese Feuerstellen selbst, bereits mehr als zehn sind bei den verschiedenen Nachbarschaften in Oberösterreich im Einsatz.
In der alten Heimat wurde diese Mehlspeise zu besonderen Feiertagen als Gemeinschaftsarbeit der Frauen eines Dorfes hergestellt, etwa zu Hochzeiten oder Taufen. Heute wird die Sierninger Nachbarschaft nur zu Veranstaltungen eingeladen, etwa zur Eröffnung der Ausstellung "Mitgebracht" der Heimatvertriebenen im Sumerauerhof am 29. 04. 2007.
Katharina Rittsteuer: "Bei großem Andrang, etwa beim Erntedankfest in Sierning, benötigen wir Teig aus 100 kg Mehl, aus dem wir sechshundert Baumstämme herstellen. Etwa die selbe Anzahl wird bei diesem Fest von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der evangelischen Pfarre gebacken."
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