1822 erschien in Linz im Verlag der kaiserlich-königlichen privilegierten akademischen Kunst-, Musik- und Buchhandlung in fünfter, verbesserter und mit 275 Speisen vermehrter Ausgabe das "Neue, große, geprüfte und bewährte Linzer Kochbuch". Verfasserin war Maria Elisabetha Meixner, geborene Niederederinn. Das 584 Druckseiten starke Kochbuch enthielt eintausendsechshunderteinundsechzig Kochregeln für Fleisch- und Fasttage, alle "sehr deutlich und faßlich beschrieben".
In der Vorrede zu dem "Hausfrauen-Bestseller" heißt es: "Das Bewußtseyn, ihren werthen Mitbürgerinnen und Kunstfreundinnen neuerdings nützlich geworden zu sein, wird ihr (der Verfasserin) das größte Vergnügen gewähren ..."
Niemand wird bestreiten, dass das Kochen eine Kunst ist. Dennoch würde heute die Verfasserin eines Kochbuches ihre Leserinnen kaum als "Kunstfreundinnen" ansprechen; die Meixner-Niederederinn tat es, und so wurde ihr "Linzer Kochbuch" neben Schubert-Liedern und Kupferstichen angeboten, mit steigendem Erfolg, wie die Auflagen verraten.
Der Linzer war kein Suppenkaspar
Der Linzer zur Zeit der Maria Elisabetha Meixner war bestimmt kein Suppenkaspar, wie er später den ihre Suppe verschmähenden Kindern vorgegaukelt wurde. Es gab 49 Rezepte von Fleischsuppen und 49 Fastensuppen.
Unter den Fleischsuppen fällt die "Kartharrsuppe" auf, zu der man Gerste, Reis, Sago, Sellerie, Petersilie, Safran, Salz, eine gelbe Rübe, den Biegel von einer alten Henne, einen Kälberknochen und die Füße von einem Lämmernen benötigte. Eine Suppe, die es wahrlich in sich hatte und einem schon den Schnupfen vertreiben konnte.
Keiner wird heute mehr nach einer "Vögelsuppe" verlangen, zu der man zehn kleine Vögel heranschaffen musste. Auch zu der von der Verfasserin vorgeschlagenen "Jägersuppe" brauchte die Köchin kleine Vögel, die so lange gedünstet werden mussten, bis sie ein wenig Farbe bekamen.
Beliebt war die "Hirnsuppe". Es gab eine gestoßene, eine abgegossene, eine Hirnsuppe mit Kräutern und Hirnsuppe anderer Art. Fremdländisch mutet auch heute die "Türkische Suppe", bekannt die "Linsensuppe mit einer alten Henne" an.
Die Bierbrauer sollten die gute alte "Biersuppe" wieder zu Ehren bringen. Sie wurde laut Linzer Kochbuch so zubereitet: "Nimm eine Halbe weißes Bier, gib Limonieschälerl, ganzen Zimmt hinein, und laß es gut sieden, gib in ein Häferl 4 Eyerdotter, gieße die Suppe damit an, gib noch ein Seidel siedende Milch daran, ein Stückel Butter, und Zucker, daß es süß genug wird, seihe es über gebähtes Brot."
Für Schleckermäuler dürfte die "Erdbeersuppe" bestimmt gewesen sein, zu der man neben Erdbeeren auch Wein und zur Ehre der Fastensuppe auch Wasser dazugab.
Als Suppeneinlagen waren vor allem alle Arten von Knödeln interessant. Die Linzer Hausfrau kannte "Bayerische Knödel von Scherrüben, Abgetriebene Fleischknödel (vom Kalbfleisch), Gebackene Griesknödel, Gebackene Knödel von Fisch, Hirnknödel, Kernfetten-Knödel, Knödel von Kälbermilz, Knödel von Hechtenbrait, Knödel von Kapaunern, Knödel von einer Ruttenleber, Krebsknödel, Abgetriebene Leberknödel, Ragoutknödel, Semmelbrösel-Knödel" usw.
Das Lämmerne stand hoch im Kurs
Der "Zweyte Abschnitt" handelte "Vom Rindfleisch, den dazugehörigen Soßen, Zugemüsen und auf selbe gehörigen Sachen". Die Kochbuchautorin empfahl Boeuf ä la mode, englischen Braten, "gebeitztes", gedämpftes, geklopftes und gewickeltes Rindfleisch. Selbstverständlich gab es auch das beliebte Rostbratel. Weniger populär dürfte das "Überstrichene Rindfleisch mit Blut" gewesen sein, ein Gericht, bei dem man das Fleisch mit Hendel- oder Taubenblut überstrich.
Unter verschiedenen Fleischspeisen scheinen Kalb- und Schweinefleischgerichte, aber auch das früher sehr beliebte Lämmerne auf. Da gab es "Lämmernes Biegel gefüllt oder mit Ragout, Lämmernes Brüstel faischiert, Eingemachtes Lämmernes mit jungen Erbsen oder mit Schampion, Lämmernen, Hasen in der Sardellensoß, Lämmerne Karminadel, Schöpsene Karminadel in eingelegter Soß, Schöpsene Karminadel in einer Pastete, Gebackenes Lämmernes, Gedünstetes Lämmernes mit Kapri, Lämmernes in Frikasee, Lämmernes mit Kren" usw.
Vom Ochsen gab es "Ochsenfüße in Sardellensoß, Ochsenschweif in einer Pastete und Ochsenzunge gebraten, faischiert und mit Hetschenpetschen-Soß". Auch das Spanferkel ließ man sich auf verschiedene Arten munden, "gebraten, faischiert, gesülzt" und auf Wildschweinart.
"Auerhahn und Wildänten"
Wald und Feld gaben im Biedermeier alles für den Tisch her, was sie enthielten, und das war freilich mehr als heutzutage. Vor allem kamen noch Wildarten auf den Tisch, die man heute nur noch von Lehrbüchern her kennt.
Und so tischte die gaumenkundige Linzerin zu Beginn des 19. Jahrhunderts ihren Gästen über Anraten des Linzer Kochbuches "Auerhahn gebraten oder in Pastete, Wildänte in schwarzer Soß, Fasan im Sauerkraut, Krammetsvögel gebraten oder nach anderer Art, Repphühner gebeitzt, Schnepfen im Koth, Wildtauben heiß abgesotten, Hase gedünstet mit Gurken, Hirschfleisch in Sardellensoß, Rehfleisch gedünstet, in einer Pastete, Gemsbrust und Wildschweinkopf" auf.
Eine große Rolle im Speiseplan des vormärzlichen Linz spielte das Huhn, linzerisch Hendel genannt. Es wurde auf allerlei Arten hergerichtet. So gab es im alten Linz, in dem es noch keine Pferdetramway nach Budweis gab, "faischierte Hendel, gebackene Hendel, gedünstete Hendel mit Zwiebeln, Hendeln mit Ragou gefüllt, Hendel heiß abgesotten, Hendel in der Blutsoß, junge Hendel mit Krebsbutter, Hendel mit Speck, Hendel mit Mandeln gefüllt, alte Henne in schwarzer Soß, alte Henne in saurem Kraut und eine alte Henne, so zugerichtet, daß sie mürbe wie ein Kapauner ist".
Die heute so verpönte Taube (sie ist Überträgerin von Krankheiten) war damals in Linz Hauptgericht an jeder Tafel. Es gab "Tauben in Linsen, Tauben mit Sauerampfersoß, gedünstete Tauben in Limoniesoß, gefüllte Tauben, gedünstete Tauben mit Karfiol, gespickte Tauben in Kaprisoß und gebeitzte Tauben wie Repphühner".
Dass man auch kleinere Vögel auf den Tisch brachte, sei nebenbei erwähnt. Es ist anzunehmen, dass es Singvögel waren, die geputzt, in Butter gebraten oder in Kalbfleisch eingelegt am Spieß gar gemacht wurden.
"Schildkröten in der Limoniesoß"
Donau, Steyr, Enns, Traun und Inn, aber auch die Seen waren im biedermeierlichen Linz noch voll von köstlichen Fischen. Die Maria Elisabetha Meixner räumte den Wassertieren auch gehörig Platz ein im Linzer Kochbuch. Es gab Gerichte von "Hecht, Karpfen, Aal, Reinanken, Rutten, Schiel, Schleyn, Lachs, Grundeln, Hausen, Forellen, Asch" usw.
Für heutige Verhältnisse unvorstellbar, daß auch Biber und Fischotter die Tafel bereicherten. Man liest mit Staunen: "Nimm den Fischotter, wasche ihn sauber aus, hacke ihn zu Stuekel, salze ihn ein ..." Dass man Frösche verzehrte, ist schon verständlicher. Allerdings klingt das Rezept für gebackene Frösche ein wenig rauh: "Schneide die Bratzen, breche ihnen die mittleren Beine..."
Unsanft ging man mit Schildkröten europäischer Provenienz (Landschildkröten) um: "Lege der Schildkröte ein glühendes Eisen auf den Rücken, hacke ihr dann den Kopf, die Bratzen und den Schweif weg, wasche sie so gut, als möglich, und siede sie, bis die Schale heruntergeht ..." Ob die mit Petersilie, Safran, Mehl und Zitrone gedünstete Schildkröte, besser gesagt, ihre Biegel, auch zu beißen war, verschweigt die Autorin.
Vom Kindskoch zur Linzer Torte
Im Abschnitt "Von Köchen" rührte die Meixnerin allein 69 verschiedene Kochgerichte an, vom bekannten Kindskoch bis zum Koch von übrig gebliebenen Faschingskrapfen. Es gab ein Erdäpfelkoch genauso wie ein Schmankerlkoch. Unter Mehl- und Fastenspeisen fand man alle Arten von "Nudeln, Schmarn, Strudeln, Nockerl, Kuchen, Krapfen" und natürlich auch den "Kugelhupf". Da gab es immerhin den "Wienerischen Kugelhupf, den im Schmalz gebackenen, den gebackenen auf andere Art und den Kugelhupf mit Krebsbutter".
Die damals schon weithin bekannte Linzer Torte wurde in vier Arten angeboten, als "gerührte Linzer Torte, als Linzertorte anderer Art, als Linzertorte mit Zimmet und als Linzer Torte, wie sie gewohnlich durch die Linzer Hausfrau zubereitet- wird". Das Rezept begann nicht mit der bekannten Aufforderung "Man nehme ...", sondern mit "Treibe".
Die biedermeierliche, gewöhnliche Linzer Torte ließ sich so an: "Treibe ein halbes Pfund Butter pflaumig ab, rühre von 4 hart gesottenen Eyern die Dotter klein geschnitten, darunter, dann schäle einen Vierting Mandeln und schneide sie mit dem Schneidemesser fein zusammen, rühre es unter den Butter, wie auch einen Vierting fein gestoßenen Zucker, von einer Limonie klein geschnittene Schalen, und ein halbes Pfund schönes Mehl, rühre es gut unter einander, streiche den halben Theil von dem Teig auf ein Tortenplattel, fülle es mit eingesottenen Ribiseln, mache von dem übrigen Teig ein Gitter darüber, überstreiche es mit einem abgeschlagenen Ey, laß es langsam backen, dann mache ein Eis darüber, oder besäe es mit Zucker und klein gestifteten Mandeln."
"König" Apfel und Kornblumensaft
Unter den separat angeführten Obstspeisen war der Apfel König. Die Autorin hatte folgende Apfelgerichte parat:
"Aufgegangene Äpfel, Apfel anderer Art, Faischierte Äpfel, Gebackene Äpfel mit Weichseln gefüllt. Gedünstete Äpfel, Getarnte Äpfel, Gesulzte Äpfel, Äpfel im Schlafrock, Portugiesische Äpfel, Äpfelhütel, Äpfelkipfel, Äpfelknödel, Äpfelkompot. Abgetriebenes Äpfelkompot, Gesulztes Äpfelkompot, Apfelmus, Gespritzten Äpfelsalat, Gesulzten Äpfelsalat, Äpfelschlangel, Gebackene Äpfelschnitten, Gebackene Apfelspalten, Apfelstrauben, Apfelwürstel" und nicht zuletzt "Maschanskeräpfel, gedünstete, welche roth werden".
Viel ließ man sich auch einfallen, um Obst- und Gewürzsäfte selber herzustellen. Auf recht einfache Weise machte sich die Linzerin den Apfelsaft: "Stoße gute Äpfel klein zusammen, dann presse den Saft gut aus, und fülle ihn in ein Glas, laß ihn 2 Tage stehen, daß er recht klar wird; seihe den klaren Saft in eine glasirte Rein, und laß ihn langsam bis auf die Hälfte einsieden; dann seihe den Saft durch ein Tuch, und fülle ihn ausgekühlt in die Gläser."
Dass man zu Beginn des 19. Jahrhunderts auch aus Veilchen einen genießbaren Saft machte, wer weiß es heute? "Zupfe das Blaue von den Veilchen herab, dass aber nichts Grünes dazukommt ...", so begann das Rezept für den Veilchensaft. Und wir müssen es glauben, weil es schwarz auf weiß gedruckt steht auch die Kornblumen wurden, frisch gepflückt, zu einem Kornblumensaft verarbeitet. Daß der Kornblumensaft nichts für arme Leute war, geht aus der Anleitung hervor. Die Kochbuchautorin verlangte, den gezuckerten, eingedickten Kornblumenextrakt mit einem Silberlöffel aufzurühren.
Was man heute nicht mehr kennt
Im Linzer Kochbuch von 1822 gab es viele Spezialitäten, die längst vergessen sind, die den Veränderungen in den Essgewohnheiten zum Opfer gefallen sind. Wer bietet heute z. B. gebackene Regenwürmer an, wobei es sich gar nicht um die Regenwürmer handelt, die sich im Garten nützlich machen, sondern um lang ausgewalzte Nudeln aus Mehl, Salz und Eiern, die in Butter und Milch gedünstet werden und mit Zucker und Zimt besprengt köstlich schmecken?
In keinem Restaurant weiß man, daß man von altbackenen Semmeln hervorragend schmeckende "Paradeisspalten" herstellen kann. Man benötigt dazu nur den passenden Wein, gestoßenen Zucker, Mehl, Zimt und Schmalz.
Oder wer beherrscht heute noch die Kunst, eine "Erdäpfelpastete" herzustellen, die viel mehr enthielt, als ihr Name sagt, nämlich auch "Bries, Euterl, Krebsschweiferl, grüne Erbsen und Schwämme".
Auch die "Gute schwarze Brottorte" enthielt mehr Köstlichkeiten, als man vermuten würde. Die Köchin von 1822 benötigte dazu "14 Eidotter, ein halbes Pfund Mandeln, einen Riegel Schokolade, eine Zitrone, gestoßenen Zucker, Butter und Pistazzie". Das, was der Torte ihren Namen gab, waren "2 Loth schwarzes Brot, aber von der Rinde".
Ein heute weitgehend unbekanntes Gericht dürften die "Hirschohren gedünstet" sein. Wobei gar nicht die Hirschohren, sondern das von den Knochen gelöste Fleisch des Hirschkopfes verwendet wurde. Auch die "Gurken-Eyerspeis" und "Schnitte von Schnecken" gibt es im Wortschatz zeitgenössischer Köchinnen längst nicht mehr. Auch das "Judenbratel von Fisch" ist nicht mehr "in".
Andere Spezialitäten wird man deshalb nicht zubereiten können, weil es das Ausgangsmaterial nicht mehr gibt, wie es z. B. die "Nußhäherpastete" verlangt.
Dass man im Kaiserreich Österreich mit dem Begriff "Kaiser" auch kulinarische Spezialitäten verband, beweisen Gerichte wie "Kaiser-Budin, Kaisernudeln, Kaiserbrot, Kaiserkrapfl, Kaiseräpfel, Kaiserwandel im Dunst". Merkwürdigerweise gab es damals den heute so beliebten Kaiserschmarren im Linzer Kochbuch (noch) nicht.
Zu den einfachen Mehl- und Fastenspeisen zählte in der oberösterreichischen Landeshauptstadt zu Lebzeiten Schuberts "Gebackenes Heuh und Stroh", eine nahrhafte und beliebte Volksspeise, wie das Rezept beweist:
"Gib auf ein Nudelbrett eine Hand voll Mehl, walke ein wenig Butter darunter, aber nicht zu viel, nimm 2 Eyer, ein wenig Obers und Salz, mache damit einen Teig an, daß er in der Feste wie ein Strudelteig wird, walke ihn so dünn, als möglich, aus, schneide recht kleine Nudeln davon, laß in einer Pfanne ein Schmalz heiß werden, und backe die Nudeln schön lichtbraun heraus, richte sie auf eine Schüssel, gib ein wenig Weinbeerl darunter, dann nimm in ein Häferl ein Seidel Obers, 3 Eydotter, ein wenig Zucker und Zimmet, sprudle es gut ab, schütte es über die Nudeln, gib oben und unten Gluth und laß es eine halbe Stunde backen."
"Ordinäre Speiszetteln"
Daß man im biedermeierlichen Linz gut zu speisen wußte, geht aus den "Speiszetteln" hervor, die die Autorin ihren Gerichten vorangestellt hat. Da gab es "ordinäre" (einfache) "Speiszetteln", die auch nach 150 Jahren recht lecker ausschauen. Etwa der "Speiszettel Nro. l: Gestoßene Suppe mit Leberpflanzel, Rindfleisch mit Sauerampfersoß, Gebackener Kohl mit Bratwurst, Gemischte Speis von Lämmernen mit Krebssoß, Aufgegangene Semmel, Gebratenes Nierenbratel, Antifisalat, Abgetriebene Weichselkuchen auf Linzer Art".
Ganz auf Fisch war ein "ordinärer Speiszettel" an Fasttagen abgestimmt, wie "Nro. 24" beweist: "Spargelsuppe, Sauerkraut mit Eyeramulet, Stockfisch mit gepfarzter Semmel, Hausen mit Schnittlingsoß, Krebspasteten, Reis mit Parmesankäs, Gebackener Donaukarpfen mit Salat, Schwarze Brotwandel".
Raffinierter fielen schon die Speiszettel zu "Gastereyen" für besondere An- lässe aus. "Nro. l" legte der Hausfrau nicht nur besondere Kochküste auf, auch das Wirtschaftsgeld mußte nicht von schlechten Eltern sein: "Krammetsvögel mit Gebäck. Krebssuppe mit Mehlwandel. Frisch gesottenes Rindfleisch. Boeuf a la mode. Zwiebelsoß, Kaprisoß, Sommerrettig. Kalter Kren".
Auch eine "Faschingstafel" stellte an die Gastgeberin allerlei Anforderungen:
"Karmelitertorte. Linzertorte mit Zimmet. Gerührter Weichselkuchen. Pistazzienwandel. Kremwandel mit Mandeln. Marillensulz. Gewürzsulz. Erdbeersulz. Pomeranzensulz, Vanille-Gefrorenes. 8 Teller Confitüren, 8 Teller Obst".
Wie man Krebse ohne Wasser erhält
Das Linzer Kochbuch enthielt auch allerlei praktische Ratschläge für die Hausfrau. Wie man Erbsen grün hält, Kohl und Kraut für den Winter aufbewahrt, "der Milch das Zerrinnen verhüth, einen schlecht gewordenen Weinessig wieder gut macht, Schnecken aufbewahrt, Senft macht, Spargel dörrt, Gurken auf mährische Art einmacht,
Zwetschken auf einige Zeit frisch erhält, den Fischen den moderigen Geschmack nimmt, Hetschenpetschen sauer einmacht, Rüben lang erhält, guten Kaffee macht, gedörrte Schwämme vor den Würmern schützt, Wasser-Schokolade macht, Leberwürste räuchert, Gewürz aufbewahrt, Limoniepulver fabriziert, Bockshörndelsaft herstellt" und vieles andere mehr.
Recht anschaulich beschreibt die Autorin, wie man Krebse ohne Wasser erhält: "Man nimmt einen geflochtenen Korb, bespritzet denselben mit Flußwasser, legt auf den Boden des Korbes einen Stahl, wie man ihn gewöhnlich zum Bügeln hat, gibt die Krebsen hinein, besäet sie mit ein Paar Hand voll Weitzen oder grober weitzender Kleyen und einer halben Hand voll Kümm, legt auch 4 oder 6 Brennessel darauf, verbindet den Korb mit einem Tuch, daß die Krebsen nicht auskriechen können, und stellt den Korb in einem kühlen Keller auf Sand; alle 3 oder 4 Tage muß ein wenig Weitzen oder Kleyen nachgesäet werden. Auf diese Art erhält man die Krebsen lange Zeit frisch", schließt die Autorin ihre Betrachtung und meint, "Sie werden auch nicht mager."
Ohne Fleiß keine Speis
Im Anhang zu ihrem Kochbuch führt die Niederederinn den angehenden Köchinnen das Einmaleins der Küche vor Augen, als da sind: Ordnung, Reinlichkeit und Zierlichkeit im Anrichten, Fleiß und Sparsamkeit. "So, wie bey jedem Geschäfte, so ist auch bey der Kocherey Fleiß notwendig ..." Eine Köchin muss "Entschlossenheit und Geschwindigkeit" besitzen, sie hat darauf zu sehen, daß sie gesunde, wohlschmeckende Speisen wählt, "die Gesicht und Geruch vergnügen".
Zur Sparsamkeit stellt die Kochbuchschreiberin lakonisch fest: "Durch Unwirthschaft in der Küche ist schon oft eine ganze Haushaltung zu Grunde gegangen." Und sie ermahnt die Linzerinnen, "jedes von der Tafel übrig gebliebene Stück zu benützen, besonders von dem Gebratenen", weiters "Häfen, Reine, Stürzen und dergleichen Geschirre von Thon" nicht zu zerbrechen, "sehr viel Holz unnütz in den Küchen zu verschwenden und jede Kleinigkeit zu benützen suchen".
Auch Binsenweisheiten gibt sie den Hausfrauen und Dienstboten mit auf den Weg zum Herd: "Muß sie sich öfters des Tages die Hände waschen, weil sie verschiedene Sachen anrühren muß, die verschiedene Gerüche haben, z. B. wenn sie jetzt einen Häring in die Hand nimmt, und hernach, ohne sich die Hände gewaschen zu haben, mit solchen Händen eine süße Speise berühret."
Es liest sich auch heute noch kurzweilig, das Linzer Kochbuch, nicht nur, weil es die "Kochregeln für Fleisch- und Fasttage" sehr deutlich und fasslich beschreibt, sondern weil es den Mund wässerig macht und den Hobbykoch dazu verleitet, nach mehr als 150 Jahren einmal einen "Weichselkuchen auf Linzer Art" oder als eingefleischter Demokrat und Republikaner einen "Königlichen Hasen" zu versuchen. Es muss nicht einmal eine "Gefüllte Krebspastete" sein, die unseren verwöhnten Gaumen erfreuen könnte, auch ein gewöhnlicher "Semmelschmarn", bestehend aus "Semmeln für 6 Kreuzer, 10 Eyern, einem Seidel Obers und einem Stückel Schmalz", müsste hervorragend schmecken.
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