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Feste und regionales Brauchtum

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Alle Festtage

Quelle:
Dr. Elisabeth Schiffkorn


Neujahrstag (Text von P. Amand Baumgarten)

Neujahrstag

1. Jänner
Brauchtum im öffentlichen Raum
Neujahrsschießen

Ein wesentliches Element einer Wendezeit ist der Lärm. Einerseits ist der Glaube an die Dämonenabwehr noch lebendig, andererseits ist es eine Möglichkeit Ausgelassenheit und Freude zu demonstrieren.
Aperschnalzen und Neujahrsschießen der Prangerschützen hat sich in den letzten Jahrzehnten des vergangenen Jahrhunderts als städtisches Brauchtum herausgebildet.
So hat das Aperschnalzen der „Altstädter Bauerngmoa“ vor dem Landhaus in Linz für den Jahreswechsel Bedeutung erhalten. Seit dem Jahr 1925 tritt eine etwa zehnköpfige Schnalzergruppe am 1. Jänner vor das zahlreich erscheinende Publikum eine Probe ihres Könnes. Das Knallen mit den Peitschen ist eine Kunst, die lange geübt werden muss und für die auch große Kraft notwendig ist, denn die Peitschen sind 4 Kilo schwer und vier Meter lang. Die Schnalzer treten in eigener Kleidung auf. Schwarze Hose, weißes Hemd, Samtgilet.
Seit etwa siebzig Jahren wird um 11 Uhr vor dem Linzer Landhaus dem Landeshauptmann und den Mitgliedern der Landesregierung das Aperschnalzen dargeboten. Verbunden ist dieser Auftritt mit dem Turmblasen des Linzer Bläserquartetts, einer Abordnung der Goldhaubenfrauen und verschiedener Trachtenkapellen.
Über die Bedeutung dieser Vorstellung gibt es unterschiedliche Deutungen. Das Wort aper, bedeutet „schneefrei“, Peitschenknallen zählt zum Fruchtbarkeits- und Lärmzauber.

Neujahrsbaby
In den letzten Stunden des Jahres setzt ein Wettrennen ein, welche Geburtsklinik der Öffentlichkeit das „Neujahrsbaby“ präsentieren kann. Die Medien greifen gerne dieses Thema auf. Grundidee ist sicherlich die Vorstellung des Angangs: das erste Wesen, das einem im neuen Jahr begegnet, bestimmt dessen weiteren Verlauf.

Speisen
In früheren Zeiten waren sparsame Hausfrauen darauf bedacht, zu Neujahr auf die Verwertung von den an den Feiertagen übriggebliebenen Festtagsspeisen zu achten, die sich durch viel Geschick zu neuen Gaumenfreuden gestalteten. Einige Kochbücher zeigen die phantasievollen Namen auf. Hier spielt sicherlich auch das Bedürfnis eine Rolle „Altes“ nicht mit hinüber ins neue Jahr zu nehmen.
Am Neujahrstag werden gerne Fischspeisen serviert.. Der Fisch ist ein altes Symbol von Leben und Fruchtbarkeit. Im Hochzeitsbrauch hat der Fisch die Bedeutung des Kindersegens. Ein wichtiger Fisch zu Neujahr ist der Karpfen, den zu züchten schon Karl d. Gr. empfahl.
Gebildbrote in Form von Fischen werden am Neujahrsmorgen verzehrt. Diese sollen Glück bringen, dabei spielt es keine Rolle, ob diese Fische selbst hergestellt oder in Form etwa von Fischen aus Bisquitteig im Geschäft gekauft werden.

Brauchtum heute
Bleigießen

Ursprünglich ein Brauch, mit dem vor allem Mädchen, die nach einem Bräutigam Ausschau hielten, das Orakel befragten. In der Literatur wird dieser Brauch bereits auf die Babylonier zurückgeführt. Die Utensilien dazu werden in Geschäften und an den Ständen mit Glücksbringern verkauft, die in den letzten Tagen des Jahres an zentralen Stellen aufgebaut werden. Das Blei, eigentlich ist es meist Zinn, wird in Form von Glückssymbolen gegossen, angeboten. Diese werden in einem Löffel über einer Kerzenflamme geschmolzen und in einer Schüssel mit Wasser abgekühlt. Die daraus entstanden Formen werden gedeutet, wobei es der Fantasie überlassen ist, die Zukunft herauszulesen.

Neujahrswünschen
Die Magie des „Ersten“. Ein alter Aberglaube besagt, dass, so wie sich der Anfang gestaltet, das ganze Jahr verlaufen wird. Hans Commenda schreibt in seiner Linzer Volkskunde: „Am Neujahrsmorgen ist der ‚Angang‘ von größter Bedeutung. Nach der ersten Person, der man begegnet, wird das persönliche Schicksal im kommenden Jahr sich gestalten. Bettler, alter Weiber, Mißgestaltete gelten als Unglücksboten; Kinder Rauchfangkehrer, Soldaten als Glücksbringer.“ (S 153)
Der erste Tag im neuen Jahr ist daher auch den Patenkindern gewidmet, die bei dieser Gelegenheit von den Goden beschenkt und bewirtet werden.

Sich gegenseitig Gutes zu wünschen gehört zu den ältesten Formen menschlicher Kommunikation. Es gibt zwei unterschiedliche Formenkreise, das eine ist das Wünschen im persönlichen Umfeld, das andere das „Neujahrswünschen“, bei denen man eine Abgeltung der dargebotenen Wünsche erwartet. Der Brauch des Neujahrswünschen war früher bis in die zweite Hälfte des Monats Jänner üblich.
Im Märchen Wünsche auszusprechen hilft meist, sich etwas „anzuwünschen“ ist daher ein Relikt jener Märchenwelt, in der gute Geister und Feen den Irdischen helfen. Gleichzeitig erfolgt ein Bannen jener Gottheiten und Dämonen, die den Menschen Schaden zufügen wollen.

Glückwunschkarten
Neujahrskarten lassen sich bis ins 15. Jahrhundert zurück nachweisen, oft in einer in Frauenklöstern kostbar ausgestatteten Form. Diese frühen Neujahrsbildchen weisen als Motiv und Neujahrsbringer fast auschließlich das Christkind auf, das sich in profaner Anwandlung im beschauliche Freundschaft und Liebe pflegendem Biedermeier in der Gestalt des Amor auf vielen reich dekorierten Glückwunschkarten wieder findet. Das Christkind als Neujahrsbringer, herzig und liebenswert, bildet wahrscheinlich auch die Grundlage zur Idee jenes Künstlers, der mit pausbäckigen Kindern seine Neujahrskarten aus den bestimmt nicht immer so ganz friedlich verlaufenden Kriegsjahren 1917 und 1918 schmückte.
Nicht ohne Grund war die große Zeit der Glückwunsch- und Freundschaftskarten das Biedermeier, in der die Menschen sich vor der unwirtlichen politischen Wirklichkeit in die Häuslichkeit zurückzuziehen begannen.
„Ach tu mir die Liebe“, schreibt Johann Wolfgang Goethe am 18. Dezember 1816 in einem Brief an einen Freund, den Musiker Zelter, „mir vor Neujahr von denen artigen Neujahrswünschen zu senden, die sie beweglich, durchscheinend und auf sonstige Weise in Berlin gar artig fabrizieren.“ Der Freund entsprach dem Wunsch des Dichters, der als hingebungsvoll Ausübender eines alten Brauches in der kleinen Stadt Weimar wohl ein gering sortiertes Angebot vorfand. Denn nicht nur an Berliner Freude richtete er Schreiben mit dem dringenden Wunsche nach jenen „artigen“ Kleinodien, auch aus Wien bekam Goethe auf seine Bitte hin regelmäßig kleine Kollektionen an Neujahrskarten zugesandt. Aus dem Briefwechsel mit Marianne von Eybenberg wissen wir um die reiche Ausgestaltung jener Karten und auch, dass Neujahr ein Fest war, das in Geselligkeit begangen wurde. So antwortet Goethe mit den Worten. „Sie müssen sogleich den lebhaftesten Dank empfangen. Die zierlichen, nickenden, bückenden und salutierenden kleinen Geschöpfe sind glücklich angekommen und haben nicht allein mir, sondern ganzen Gesellschaften, in denen ich sie produziert, viel Vergnügen gemacht.“
Wien hatte sich in jenen Jahren bereits zu einem Zentrum der neuen Industrie entwickelt. Die populäre Druckgrafik begann ihren Siegeszug, nicht zuletzt wegen der wohlfeilen und grafisch sorgfältig ausgearbeiteten „auserlesenen ernst- und scherzhaften Neujahrswünsche“, wie es in einem Prospekt heißt.

Glücksbringer
Die Begegnung mit Trägern „guter Kräfte“ besitzt in dieser Zeitenwende eine ganz besondere Bedeutung.

Rauchfangkehrer
In früheren Zeiten war nichts schlimmer, als dass ein Haus einem Brand zum Opfer fiel, es gab keine Versicherung oder öffentliche Hilfseinrichtungen. Brandursache war oft die Feuerstelle innerhalb eines Hauses. Daher ist der Berufszweig, der diese zentrale Stelle sauber und funktionsfähig hält, zumindest einer, der das Unglück fernhält.

Vierblättriges Kleeblatt
Futterklee wird erst seit dem 18. Jhd. angebaut, der wilde Klee ist schon sehr lange heimisch. Hier hat auch das Besondere Bedeutung: Ein vierblättriger Klee ist selten, es bedeutet schon allein Glück, ihn zu finden. Vierblättrige Kleeblätter werden sorgfältig aufbewahrt, früher gerne im Gebet- oder Stammbuch. Das Verschenken grünender Kleestöckchen erinnert an die römischen Strenae (Zweige), die in unserer Redensart „auf den grünen Zweig kommen“ weiterleben.

Schwein
In den ausgedehnten Waldungen fanden Schweine einst genügend Nahrung, sorgten daher für das Überleben der Bewohner. Seit Jahrhunderten gehört Schweinebraten zu den Festtagsspeisen. Bei Asterix spielen Wildschweine, ihre Jagd und ihr Verzehr bei festlichen Gelagen eine zentrale Rolle. Gebildbrote in der Form eines Schweines gehören zum Formenkreis dieser Zeitenwende. Daher werden auch Neujahrsschweindln aus Marzipan oder Schokolade zum Aufessen gerne gekauft. Beliebt sind diese Formen auch aus Lebkuchenteig.

Soldaten
Seit Einführung der allgemeinen Wehrpflicht im 18. Jhd. wurde der Soldat zum Symbol eines Helden, sogar zum Symbol eines schicksalstragenden Volkes, er war also nicht mehr der Söldner früherer Jahrhunderte, den Freund und Feind zu fürchten hatte.

Hufeisen
Das Pferd stellte einen beträchtlichen Wert dar. Das Pferd besaß daher auch bei den Vorfahren einen großen Stellenwert. Gekreuzte Pferdeköpfe am Giebel bewachten das Haus, ein Symbol das von einer großen Bank als Firmenzeichen verwendet wird. Das Anbringen eines Hufeisens über dem Eingang eines Hause bedeutet Glück. Glück im unberechenbaren Straßenverkehr versprechen sich auch jene Autobesitzer, die ein Hufeisen an der Kühlerhaube ihres Autos anbringen.

Glücksgroschen
Er ist ein Symbol für Reichtum. Verschenkt man ihn, so wünscht man dem Empfänger, dass ihm nie das Geld ausgeht. Außerdem ist er die handliche Ausgabe des goldenen Tauftalers und des Weihgroschens, die früher gegen Hexen an die Stalltür genagelt oder auf Reisen in der Tasche getragen wurden.

Marienkäfer
Gilt als Himmelsbote der Mutter Gottes, daher der Name. Beschützt die Kinder und heilt die Kranken, wenn er ihnen zufliegt. Niemals abschütteln oder gar töten - das bringt Unglück.

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Glückwunschkarte
Glückwunschkarte zu Neujahr. Holzschnitt von Max Kislinger, Linz.

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