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EuroJournal heft 1/2007


Erinnerungen an die
Lungauer Sauschneider
Autor: Friedrich Gabriel

Der Artikel erschien im
"EuroJournal "
Linz - Mühlviertel - Böhmerwald
Heft 4/2007
www.eurojournal.at


   

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Während der Blütezeit ihres Gewerbes im 18. und 19. Jahrhundert zogen pro Jahr mehr als vierhundert Lungauer als Sauschneider aus dem Salzburgischen in die Fremde. Die Eber wurden dabei beschnitten, um das Mästen zu fördern und den armen Bauern zu mehr Ertrag zu verhelfen. Die Sauschneider arbeiteten in fast allen Gebieten der Habsburger-Monarchie bis Italien und Ungarn. Im Lungau gehen die ältesten Spuren der Sauschneiderei auf das Jahr 1572 zurück. Besonders viele kamen später aus den Dörfern St. Michael, St. Margarethen, Zedernhaus, Oberweisburg und Fell. Einst war es die pure Not, die Jünglinge und Männer auf Wanderschaft trieb. Heute ist das Gewerbe fast ausgestorben

die Sauschneider im Lungau


Bild oben: Vorbereitung zur Niederlegung eines Saubären = männlicher Zuchteber durch einen Sauschneider sowie seinen Hoba = Gehilfen. Sauschneider Michael Gruber (Staigerwirt) geb. 14.3.1922 – gest. 2.6.2000.
Sein Helfer ist sein Neffe Thomas Gruber (Bacher-Bauer in Oberweißburg). Foto: Tourismusverband St. Michael im Lungau


Ein Sauschneider war meist wochenlang auf Wanderschaft, bis er sein Gai erreicht hatte. So hieß im Volksmund das genau festgelegte Gebiet in der Fremde, das er zu betreuen hatte. Meist handelte es sich um einen Bezirk oder mehrere Dörfer. Die dort ansässigen Bauern wurden informiert, dass er anwesend sei. Heute würde man ihn als Freiberufler bezeichnen, der auf Basis von Honoraren bezahlt wurde. Als Legitimation hatte der Sauschneider einen eigenen Pass mitzuführen, eine amtliche Bestätigung von daheim, die seine Berufskünste dokumentierte. Heuer wird 350 Jahre Heimkehrfest Lungauer Sauschneider in St. Michael im Lungau gefeiert.


Ihr Wirken in Oberösterreich
Unser Hof in der Gemeinde Kasten, St. Peter am Wimberg im Bezirk Rohrbach des westlichen Mühlviertels lag an der Gaigrenze der St. Michaeler Sauschneiderdynastie Bliem zum Nachbargai der Familie Gruber. Mit beiden Familien gab und gibt es seitens meines verstorbenen Vaters und zweier Geschwister bis heute Kontakte. Nach dem Besuch unserer einklassigen Volksschule war ich noch
drei Jahre am Elternhof als Kleinknecht im Einsatz, bevor ich 1957 studieren ging. Meine Erinnerungen an die Sauschneider betreffen daher vorwiegend das erste Jahrzehnt nach Weltkriegsende.
die Sauschneider im Lungau


Bild rechts: Sauschneider Lüftenegger, Schlickwirt/,St. Michael-Oberweißburg mit seinem Gehilfen Hansei (Foto: Tourismusverband St. Michael im Lungau)





Unser relativ großer Hof, damals standen schon ca. zehn Kühe, fast zwanzig Stück Jungvieh, zwei bis drei Zuchtsauen und etwa ein Dutzend Mastschweine in den Ställen, bot fast jedes Jahr der Sauschneiderfamilie Bliem Beschäftigung. Da sich die Bliem-Männer – anfangs war neben den zwei Söhnen auch noch der gebieterische Vater dabei – mit unserem geselligen Vater sehr gut verstanden, wurde auch öfters kräftig und lang gejausnet. Mein Vater betätigte sich im Frühjahr auch ein wenig als Vermittler bzw. Adressensammler für die Sau-schneider. Zum Dank sprachen die Bliems sogar an meinen gerührten Vater eine Jagdeinladung nach St. Mi- chael aus.
Die Gruber’schen Sauschneider standen etwa nach der Schneeschmelze in unserem Pfarrort (St. Peter) nach den Sonntagsmessen unübersehbar am Kirchplatz, die Bliems sammelten im Marktort Haslach an der Mühl Aufträge ein.


Die Bliems
An ihren markanten Gesichtern und kräftigen Gestalten (zumindest aus der Sicht von Kinderaugen) erkannte ich sie auch jetzt nach 50 Jahren sofort wieder auf den diversen Fotos im Lungauer Buch "Die Sauschneider". So eingeprägt ist mir noch ihr gerader Blick, ihre Adlernase und ihre stattliche Figur. In Erinnerung ist mir auch ihr unverständlicher Dialekt. Den Gesprächen am Jausentisch durften wir Kinder jedoch nicht immer zuhören. Weiters sehe ich ihre überaus geschickten und zupackenden Hände sowie ihren stolzen und raumgreifenden Gang. Als sie später motorisiert ankamen, empfand ich dies fast als Traditionsbruch. Noch lebhaft sehe ich ihre Kleidung vor mir: ein hoher Hut mit Adlerflaum, trachtiger Überrock, den aufgerollten Schurz um die Lende, feste Hosen und Schuhe, über letzteren Ledergamaschen.
Wir Kinder durften offiziell den Sauschneidern bei ihrer martialischen Arbeit nicht zusehen, fanden aber fast immer über die Scheune oder den Heuboden ein brauchbares Guckloch. Als Kleinknecht durfte bzw. musste ich später sogar einmal mühevoll einen Haxen unseres prächtigen Saubären fixieren, damit die Bliembrüder seine Männlichkeit entfernen konnten.


Spätere Kontakte
Der tüchtige Sauschneider und Bauer Thomas Gruber entführte sogar eine Bürgerstochter (Friedl, geb. Sunzenauer) aus unserem Pfarrort nach St. Michael in den Lungau. In der Folge waren nicht selten Urlauber und Touristen aus meinem früheren Heimatort zu Gast in der Pension des Bacherbauern. Meine Schwester war Mitte der 60er Jahre zweimal Ferialpraktikantin beim Stranachwirt in St. Michael. Eine Köchin soll sich noch an die singende Greti erinnern.
Mein Bruder Martin geriet auf der Suche nach einem Schifahrerquartier in St. Michael vor wenigen Jahren in eine stattliche Stube. An den Wandfotos dort erkannte er bald, dass er zufällig bei unserer Sauschneiderfamilie Bliem gelandet war. Es soll ein recht gemütlicher Gitarrenabend geworden sein.
Bei einer regionalen Messe in Bad Leonfelden, der Partnergemeinde von St. Michael, traf ich heuer auf die freundlichen Tourismusverantwortlichen von St. Michael, nämlich Obmann Andreas Walcher und Direktor Thomas Drechsler, bei dem wir unsere Erinnerungen an die Tradition der Sauschneider in Oberösterreich auffrischten.



Information:
In der Burg Mauterndorf, im Maurerhof in Zederhaus und im Heimathaus Tamsweg erinnern Dauerausstellungen an dieses alte, ehrsame Lungauer Gewerbe.

Informationen beim Tourismusverband St. Michael im Lungau
Telefon: 06477/89130,
Fax 891354.
E-Mail: info@sanktmichael.eu
Internet: www.sanktmichael.eu



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Ihr Wirken in Oberösterreich
Die Bliems

Spätere Kontakte
Information und Ausstellung


die Sauschneider im Lungau
Bild oben: Johann und Josef Bliem vlg. Zaller (Foto: Tourismusverband St. Michael im Lungau)


Information:
In der Burg Mauterndorf, im Maurerhof in Zederhaus und im Heimathaus Tamsweg erinnern Dauerausstellungen an dieses alte, ehrsame Lungauer Gewerbe.

Informationen beim Tourismusverband St. Michael im Lungau
Telefon: 06477/89130,
Fax 891354.
E-Mail: info@sanktmichael.eu
Internet: www.sanktmichael.eu

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