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Das heilige Grab
von Schwarzenberg am Böhmerwald
Lichter der Karwoche
Autorin: Elisabeth Schiffkorn

Der Artikel erschien im
Volksblatt-Magazin am 14.04.1995

   

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Fast vierzig Jahre lagerten im Stadl des Pfarrhofes seltsam geformte Holzpfosten. Bis sich der örtliche Kulturring ihrer annahm.
Nur mehr wenige Ortsbewohner wussten, dass es sich dabei um die Teile eines Heiligen Grabes handelte, das zu Ostern 1957 zum letzten Mal nach altem Brauch über dem Alter aufgebaut worden war. In der Pfarrchronik findet sich für das Jahr 1853 folgende Eintragung:
"Pfarrer Franz Holzhammer (1850–54) ließ ein sehr schönes Heiliges Grab für die Karwoche errichten, das Tischlermeister Johann Mayr (aus Schwarzenberg Nr. 122) verfertigte, großartig in seiner Art, wie man es selten findet."




Hunderte bunter Schmalzlichter

Als Vorbild diente ein Grabaufbau im benachbarten Bayern: Acht zerlegbare Holzbögen werden – hintereinander gestellt – so angeordnet, dass sich vor und über dem Altar eine torbogenartige Nische bildet, die sich zum Kirchenraum hin öffnet. Ein flacher Giebel mit über fünf Metern Spannweite bildet die Oberbegrenzung der Schauseite.Hl. Grab in Schwarzenberg


Detail vom Hl. Grab in Schwarzenberg: Christus mit Engeln
(Bild rechts)





Die besondere Attraktion an diesem heiligen Grab sind hunderte von Schmalzlichtern, die, hinter einer Kette von Glaskugeln angezündet, im abgedunkelten Kirchenraum eine "eigenartige und reizvolle Stimmung erzeugten". Jede Glaskugel fasst einen halben Liter rot, blau, gelb oder violett gefärbtes Wasser, das durch die Spiegelung der Lichter jede Kugel in ihrer ganzen Farbenpracht erstrahlen lässt.
Im holzreichen Böhmerwald hat die Glaserzeugung eine lange Tradition.
Das Wasser färbten die Frauen einst mit Safran und anderen Naturfarben, an die sich heute niemand mehr erinnern kann. In den letzten Jahren wurde dafür Eierfarbe verwendet. Um die Schmalzgläser zu füllen, spendeten die Schwarzenberger Rindertalg oder Schweineschmalz, später Speiseöl, "das genauso gut brennt".



Fremdenverkehrsattraktion von einst

Am Gründonnerstag nach der Frühmesse wurden die Männer des Pfarrgemeinderates aktiv. "Die Holzteile sind alle nummeriert, der Zusammenbau ist nicht schwer, wenn man weiß, wie es gemacht wird." Leopold Krieg erinnert sich an seine Ministrantenzeit. Sein Vater hatte das Ehrenamt eines Kirchenvaters inne, zu dessen Privilegien und Pflichten es gehörte, beim Aufbau des Heiligen Grabes in der Karwoche mitzuhelfen.

Ein Tischler war immer dabei, denn kleine Ausbesserungsarbeiten waren meist notwendig. Die Auslagen für das notwendige Material wurden aus dem "Opferstockgeld" bezahlt, das in der Karwoche reichlich floss, denn "unser Grab war weitum das schönste". Es zog in diesem Dreiländereck auch zahlreiche Besucher aus Deutschland und der Tschechoslowakei an.



Eine arbeitsreiche Osterwoche

Leopold Kriegs Mutter, Maria Krieg, die im Alter von 91 Jahren starb, hatte als Ehefrau des Kirchenvaters ebenfalls die ehrenvolle Pflicht, mitanzupacken. Sie wirkte auch bei der letzten Grabaufstellung mit. "Alles, was Weiberarbeit war, blieb mir überlassen", schilderte sie ihren Aufgabenbereich. Als sie "im 27er Jahr" in den Hof Hinteranger 28 einheiratete, war es für Maria Krieg selbstverständlich, diese Aufgabe zu übernehmen. "Die Leute waren darauf eingestellt, ich wurde gar nicht gefragt. Es war einfach so."

Zahlreiche Helferinnen packten die Glaskugeln sorgfältig aus, wuschen sie und füllten sie mit dem gefärbten Wasser. Auch die Schmalzgläser galt es zu säubern und hinter den Glaskugeln zu befestigen.



Das Dachtldrahn

Einige Tage vorher schon hatte Maria Krieg mit dem "Dachtldrahn" begonnen. "Die Dochte habe ich alleine gemacht, etwa 800 bis 1000 drehte ich auf Vorrat." Dazu wurden bei einem Tischler etwa 1 m lange, stricknadeldünne Holzstäbe bestellt und in 8 cm lange Stücke geschnitten. "Die umwickelte ich alle mit Watte und am Schluss bin ich noch mit zwei in Schmalz getauchten Fingern daran entlanggefahren, damit sie besser brannten."
Zusammengerechnet etwa drei Tage dauerte die Herstellung der Dochte, gearbeitet hat Maria Krieg nur am Abend. "Ich habe diese Arbeit gern gemacht."

Hl. Grab in Schwarzenberg


DasHl. Grab in Schwarzenberg
(Bild rechts)





Eindrucksvolle Auferstehungsfeier

Nur in den Kriegsjahren wurde die Beleuchtung eingeschränkt, denn mit Lebensmitteln mußte sparsam umgegangen werden.
"Vom Karfreitag bis zum Karsamstag erstrahlte das Heilige Grab in voller Lichterpracht bis zum Höhepunkt der Karwoche, der Auferstehungsfeier", berichtet Mag. Franz Haudum, der sich gemeinsam mit Franz Hauer für die Restaurierung des Heiligen Grabes einsetzte.
"Eingeleitet wurde diese Feier um 15 Uhr Nachmittag von der Lauretanischen und gesungenen Litanei. Die Monstranz wurde vom Pfarrer eingeholt, und während er dreimal, jedes Mal um einen Ton höher, "Alleluja" und dann feierlich "Christus ist erstanden!" sang, fiel über den Sarg mit dem weiß verhüllten heiligen Leib der dunkle
Vorhang.
Gleichzeitig erhob sich zuoberst die Statue des Auferstandenen mit der Siegerfahne und auf dieses Zeichen hin fielen auch mit einem Schlage alle Vorhänge von den Fenstern.
Als das gleißende Tageslicht ins Kircheninnere flutete, als die Orgel mit allen Registern das Osterlied anstimmte, begannen plötzlich die Böller vor der Kirche zu krachen und die Glocken hoben zu läuten an."



Liturgiereform

Nicht nur für die Erwachsenen war der Kirchgang in der Osterwoche ein besonderes Ereignis. "Alle haben sich schon lange vorher gefreut. Die Holzteile waren schwarz gestrichen und mit den bunten Lichtern sah alles sehr feierlich aus. Vor allem die Kinder waren begeistert und sind gerne in die Kirche gegangen."
Möglicherweise war es gerade das volkstümliche Spektakel der Auferstehungsfeier, das als Relikt barocker Darstellungsfreude Unmut erregte. Das Grabaufstellen wurde nicht verboten, doch die liturgische Reform der fünfziger Jahre nahm gezielt diesen "Karfreitagszauber" aufs Korn.



Tourismusattraktion heute

Einige Bewohner Schwarzenbergs vergaßen das Heilige Grab nicht. Immer wieder wurde dieses Thema im "Kulturring" der Gemeinde diskutiert und nun wurde eine "Dauerlösung" gefunden.
Neben der Kirche wurde ein Raum der alten Schule umgebaut, in dem das Heilige Grab nun das ganze Jahr über zugänglich ist.
Und die Bewohner der Fremdenverkehrsgemeinde hoffen, daß das hundertvierzig Jahre alte Grab wieder so viele Besucher wie einst anzieht.
1954 brannte der Pfarrhof ab, das am Dachboden gelagerte Heilige Grab überstand die Katastrophe beschädigt. Nach der Kirchenrenovierung sah der Pfarrer die brennenden Lichter nicht mehr gern.

Im Jahr 1957 wurde zum letzten Mal das Holzgerüst abgebaut, die Schmalzlichter gereinigt und mit den Glaskugeln sorgfältig in Schachteln verpackt. Die Kulissen wurden jahrelang am Dachboden der Totenkammer aufbewahrt. Als dieses 1975 abgerissen wurde, beförderte man die wertlos gewordenen Holzteile etwas unsanft in den Stadel des Pfarrhofes. Heilige Grab nicht mehr aufgebaut wurde, aber das hat nicht geholfen. Jetzt haben wir uns schon daran gewöhnt, es geht uns nicht mehr ab." In der Familie Krieg, Hinteranger 28 in der Gemeinde Schwarzenberg im Mühlviertel, sind die Erinnerungen an das "Grabaufstellen" noch lebendig.

Auch Berta Thaler, die verstorbene Ehefrau des damals amtierenden zweiten Kirchenvaters Franz Thaler, hatte bei den Vorbereitungsarbeiten ihren Teil beizutragen.
"Es war viel Arbeit, zu dritt haben wir am Mittwoch gearbeitet. Die Ministranten haben mitgeholfen, die Schüler und manchmal ist dazu auch eine Bekannte vorbei gekommen", erinnert sich Maria Krieg an die Aufgabenteilung in der Karwoche.
"Die Seitenbretter der Konstruktion sind wie eine Säule verziert, die beiden Balken darüber wie ein Dach gestaltet".
Auf beiden Seiten der Konstruktion sind "bemalte Leinwandtafeln" angebracht, "mit Wächtern in Rüstung und zwei schwebenden Engeln mit den Leidenswerkzeugen Christi, die von hinten mit Schmalzlichtem beleuchtet wurden, so daß sie auch aus den hinteren Bänken sehr deutlich auszunehmen waren". Auf beiden Seiten stets acht Nadelbäumen aufgereiht, "das war wahrscheinlich eine besondere Rarität unseres Grabes."

"Um halb 5 am Karsamstag, nach der Auferstehung, nachher wurde alles wieder weggeräumt. Die Kugeln wurden in Papier eingewickelt und kamen in Schachteln, die auf dem Dachboden des Pfarrhofes verräumt wurde. Im Krieg wurde es auch aufgestellt, man war halt sparsam mit dem Fett. Die Kinder haben sich gefreut, sie sind gerne in die Kirche gegangen. Es ist halt so gewesen und sie haben mitgeholfen. Haudum und Huaer haben es ausgebessert, die Kugeln wurden in Zwiesel nachgemacht. Jetzt ist die Kirche wieder frisch ausgeweißigt. Nach der Kirchenrenovierung ist die Stufe wieder etwas anders geworden. Am Abend wurden die Lichter in der Kirche ausgelöscht, das war Aufgabe der Männer. Vater hat davon geredet, daß es einmal frisch gestrichen worden ist, aber sonst ist es so, wie es gemacht worden ist. Auch die Kinder waren begeistert, die Kirche wurde verdunkelt, es war ganz finster drinnen. Die Felder zwischen Bogen und Pilaster füllen Leinwände aus mit der Darstellung von zwei Wächtern in Rüstung und zwei schwebenden Engeln mit den Leidenswerkzeugen Christi. Ein kastenartiger Aufsatz mit dem Schriftzug "Es ist vollbracht" über dem Giebel bildet das Podest für die Statue des Auferstandenen Heilandes. Die Totalhöhe des Grabes beträgt samt der Statue des Auferstandenen 6,30 m." Mit diesen Worten beschrieb Mag. Franz Haudum das Heilige Grab.



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